Die Nähr-und Mineralstoffversorgung von Pferden - Teil II

stute und fohlen im sonnenuntergang

Im ersten Teil unserer Serie zur Nähr- und Mineralstoffversorgung von Pferden haben wir Wasser, Kohlenhydrate und Fette detaillierter betrachtet. Im folgenden, zweiten Teil schauen wir uns Proteine, Mineralstoffe und Vitamine genauer an:

Welche Funktionen übernehmen Proteine? 

Proteine (Eiweiße) bestehen aus 20 verschiedenen essenziellen und nicht essenziellen Aminosäuren. Sie steuern als Botenstoffe den Stoffwechsel und damit viele verschiedene Körperfunktionen. Der bekannteste Effekt von Proteinen ist wohl der Muskelaufbau. Das richtige Training ist natürlich Voraussetzung. Hat Dein Pferd einen Proteinmangel, werden die Muskeln unterversorgt und es folgt auf Dauer der Abbau von Muskelmasse. Proteine sind aber nicht nur für die Muskeln zuständig, sondern auch für gesunde Hufe, glänzendes Fell, starke Knochen und ein elastisches Bindegewebe. Außerdem spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Produktion von Milch und Sperma. Daher ist vor allem bei Sport- und Zuchtpferden auf eine ausreichende Proteinversorgung zu achten, um sie vor, während und nach körperlichen Belastungen bestmöglich unterstützen zu können. Pferde, die ein langes Haarkleid besitzen oder zu Hautproblemen wie Mauke und Ekzemen neigen, benötigen ebenfalls mehr Eiweiß. Fell und Langhaar bestehen zu großen Teilen aus Eiweißen. Für Rassen mit einem ausgeprägten Haarkleid sollte also auch mehr Eiweiß gefüttert werden. Bei Mauke und Ekzemen benötigt die geschädigte Haut bestimmte Aminosäuren zur Regeneration. Zu viel ist jedoch auch nicht gut: Pferde können - ähnlich wie bei Stärke - nur einen gewissen Anteil an Proteinen verwerten. Ein Proteinüberschuss hat ähnliche Wirkungen wie ein Mangel, es kann zu Muskelabbau, vermehrtem Schwitzen, verminderter Leistung und Stoffwechselkrankheiten kommen. 

Die wichtigsten Proteinlieferanten sind Heu (60-130 g Rohprotein/Kilogramm) und frisches Gras (20-50 g Rohprotein/Kilogramm). Die Werte können je nach Schnittzeitpunkt und Sortenwahl variieren, es handelt sich dabei um Durchschnittswerte. In den Blättern sind die meisten Proteine zu finden. Je länger das Heu bzw. Gras ist, desto weniger Eiweiß und mehr Lignin ist enthalten. Lignin ist dafür zuständig, dass die Pflanze mit zunehmender Größe nicht umknickt, kann aber auch nur schwer von Pferden verdaut werden. Wenn Heu und Gras nicht ausreichen, kann zusätzlich Kraftfutter gefüttert werden. Der Gehalt an Rohprotein ist jedoch von Sorte zu Sorte und Marke zu Marke unterschiedlich. Hafer liefert als gängigstes Krippenfutter ca. 90-120 g Rohprotein. 

  • Steuern als Botenstoffe den Stoffwechsel
  • Unterstützen den Muskelaufbau
  • Fördern gesunde Hufe, glänzendes Fell, starke Knochen & ein elastisches Bindegewebe
  • Essenziell für die Produktion von Sperma und Milch 

Was sind Aminosäuren? 

Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. Sie werden in essenzielle und nicht essenzielle Aminosäuren unterteilt. Essenzielle Aminosäuren können nicht selbst vom Körper hergestellt werden, sind aber lebensnotwendig. Sie müssen also über die Nahrung aufgenommen werden. Methionin, Threonin und Lysin gehören zu den essenziellen, erstlimitierenden Aminosäuren. Wenn bei einer dieser Aminosäuren ein Mangel vorliegt, können auch die anderen beiden nicht verwertet werden. Nicht essenzielle Aminosäuren kann Dein Pferd hingegen aus Kohlenhydraten selbst synthetisieren. 


Wofür sind Mineralstoffe notwendig? 

Mineralstoffe sind die wohl bekanntesten Nährstoffe. Die Böden werden immer nährstoffärmer, weshalb viele Pferde zusätzliches Mineralfutter benötigen, um ihren Bedarf decken zu können. Unterschieden wird in Mengen- und Spurenelemente. Mengenelemente werden – wie der Name bereits vermuten lässt – in größeren Mengen benötigt, von den Spurenelementen ist hingegen nur eine geringe Dosis notwendig. 

Mengenelemente: 

  • Phosphor: wichtig für die Energiebereitstellung
  • Chlor: Regulierung des Wasserhaushaltes
  • Natrium: Regulierung des Wasserhaushaltes
  • Kalium: spielt bei der Reizüberleitung eine entscheidende Rolle
  • Magnesium: wichtig für die Reizüberleitung und eine lockere Muskulatur
  • Calcium: zur Unterstützung des Bewegungsapparates

Spurenelemente: 

  • Eisen: Bestandteil des roten Blut- und Muskelfarbstoffes
  • Jod: wird für die Bildung der Schilddrüsenhormone benötigt
  • Kobalt: Baustein für Synthese von Vitamin B12
  • Kupfer: stärkt Bänder, Sehnen, Knorpel & Gelenke
  • Selen: bindet freie Radikale 
  • Zink: stärkt das Immunsystem sowie Wachstum von Hufen, Fell und Langhaar

Was sollte ich bei der Fütterung von Mineralfutter beachten? 

Der Markt bietet mittlerweile unglaublich viele Mineralfutter. Welches zu Deinem Pferd passt, muss ausprobiert werden, da jedes Pferd  einen unterschiedlichen Geschmack hat. Als Pferdehalter sollte man darauf achten, dass das Mineralfutter nur aus hochwertigen Komponenten besteht, die eine hohe Bioverfügbarkeit haben. In der Regel sind Mineralfutter in Pulver-Form höher dosiert und es wird dementsprechend weniger benötigt. Pellets weisen meistens eine höhere Akzeptanz auf und werden somit besser gefressen. 

  • Fertiges Mineralfutter oder Einzelpräparate? 

Grundsätzlich ist fertiges Mineralfutter für den langfristigen Gebrauch besser geeignet, da alle Komponenten bereits in ihrem richtigen Verhältnis enthalten sind. Bei einem falschem Mineralstoffverhältnis kann es zu Neben- und Wechselwirkungen im Pferdekörper und unter den Mineralien kommen. Einzelpräparate eignen sich insbesondere für Kuren, die von einem Tierarzt begleitet werden. 

  • Organisches oder anorganisches Mineralfutter? 

Noch immer hält sich das hartnäckige Gerücht, dass organisches Mineralfutter natürlich und anorganisches chemisch ist und nicht verwertet werden kann. Was viele nicht wissen: sowohl organisch, als auch anorganisch kommen in der Natur vor. Das Pferd kann also beide Formen verstoffwechseln. Die Mineralstoffe, die als Zusatzstoffe in Futtermitteln vorkommen, sind alle synthetisch hergestellt. Dabei ist es egal, ob es sich um organisch oder anorganische Stoffe handelt:

  • Organisch: an organische Moleküle gebunden (Chelate, Acetate, Fumarate)
  • Anorganisch: an anorganische Ionen gebunden (Oxide, Sulfate, Chlorid, Carbonate) 

Organische Stoffe können sehr gut verwertetet werden, wirken jedoch erst nach mehreren Stoffwechselprozessen. Außerdem ist die Akzeptanz auf Grund des schlechten Geschmackes nur sehr gering. Da sie eine hohe Bioverfügbarkeit aufweisen, benötigt das Pferd von dieser Bindungsform weniger. Die Dosierung muss sehr genau erfolgen, um keine Überversorgung hervorzurufen. Überschüssige Mineralstoffe können außerdem nicht mehr ausgeschieden werden und lagern sich im Gewebe an.
Anorganische Stoffe können etwas schlechter verwertet werden, stehen dafür aber sofort zur Verfügung. Sie weisen eine höhere Akzeptanz auf und werden besser gefressen. Das Pferd benötigt von dieser Form etwas mehr. Das Risiko einer Überversorgung ist hingegen geringer. 
Ein hochwertiges Mineralfutter enthält beide Formen und nutzt deren Vorteile.

Welche Funktion haben Vitamine? 

Vitamine sind wichtig, um das Immunsystem und damit das allgemeine Wohlbefinden des Pferdes zu unterstützen. Sie sorgen für die Aufrechterhaltung verschiedener Stoffwechselprozesse, fördern das Wohlbefinden, wodurch das Pferd mehr Leistung erbringen kann und wirken sich positiv auf die Fortpflanzungsfähigkeit aus. Die insgesamt 14 relevanten Vitamine werden in fett- und wasserlösliche Vitamine unterschieden. 

Fettlösliche Vitamine: 

  • Vitamin A: fördert Fruchtbarkeit und (Schleim-)Hautschutz
  • Vitamin D: fördert die Aktivierung des Immunsystems
  • Vitamin E: bindet freie Radikale
  • Vitamin K: unterstützt die Knochendichte

Fettlösliche Vitamine gehören zu den essenziellen Nährstoffen, sie können nicht selbst synthetisiert werden und müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Fettlösliche Vitamine benötigen Fette, um vom Körper verwertet werden zu können. 

Wasserlösliche Vitamine: 

  • Vitamin B1, B2, B6, B12: fördern allgemeines Wohlbefinden, Stressreduktion
  • Vitamin C: schützt die Zellen vor oxidativem Stress
  • Biotin: positive Wirkung auf Hufe, Fell, Mähne & Schweif
  • Nicotinsäure: essenziell für den Nervenstoffwechsel
  • Pantothensäure: Auf- und Abbau von Kohlenhydraten, Fetten und Aminosäuren, wichtig für die Energiegewinnung
  • Folsäure: unterstützt die Zellteilung
  • Cholin: unterstützt Fettstoffwechsel und Leberfunktion

Wasserlösliche Vitamine kann Dein Pferd selbst synthetisieren. Sie werden über das Wasser im Körper transportiert und aufgelöst und kommen überwiegend im Blut und in Zellzwischenräumen vor.

Wann benötigt mein Pferd zusätzliche Vitamine? 

Pferde, die im Frühjahr und Sommer auf der Koppel stehen und leicht gearbeitet werden, benötigen in der Regel keine zusätzlichen Vitamine. Anders sieht es bei Sport- und Zuchtpferden sowie Pferden im Wachstum aus, die einen erhöhten Bedarf haben. Für diese Pferde kann ein Mineralfutter sinnvoll sein, dass bereits mit Vitaminen angereichert wurde. Bei schlechter Hornqualität und stumpfem Fell kann Biotin beispielsweise auch als Einzelpräparat gefüttert werden. Vitamin E ist für Sportpferde und Zuchtstuten essenziell, da es freie Radikale bindet und die Zellen somit vor oxidativem Stress schützt. 

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