Die Verdauung des Pferdes

haflinger im rapsfeld

Die Verdauung eines Pferdes ist sehr sensibel und kann die allgemeine Gesundheit maßgeblich beeinflussen. Um verstehen zu können, was die Verdauung braucht bzw. nicht braucht, sollte man sich unbedingt mit dem Verdauungstrakt und den Funktionen der einzelnen Organe auseinandersetzen. Außerdem können so eventuelle Erkrankungen schneller erkannt und behandelt werden. 

verdauungstrakt pferd

 

Die Verdauung beginnt im Maul

Pferde produzieren durchgehend Magensaft, der einen sauren pH- Wert hat und die Magenschleimhaut ohne Puffer reizen würde. Speichel ist hingegen basisch und neutralisiert somit den sauren Magensaft. Es ist also wichtig, dass dein Pferd regelmäßig zum Kauen angeregt und Speichel produziert wird. Ein Pferd verfügt  über 36-44 Zähne, die zum Rupfen und Zermahlen der Nahrung zuständig sind. Pro Minute kommt ein Pferd auf ca. 60-80 Kauschläge.

maul heu

Für ein Kilogramm Heu benötigt das Pferd zwischen 3000 und 6000 Kauschläge, für ein Kilogramm Kraftfutter hingegen nur ca. 1000 Kauschläge. Am Tag produziert das Pferd bei genügend Raufutter rund 10-20 Liter Speichel, die auch benötigt werden, um die Magensäure ausreichend puffern zu können. Es ist also wichtig, dass deinem Pferd genügend Raufutter zur Verfügung gestellt und die Zähne mindestens einmal im Jahr kontrolliert werden.

Der Weg in den Magen - Schlund und Speiseröhre 

Nachdem das Futter zerkleinert wurde, rutscht es in kleinen Mengen in den Schlund und anschließend in die Speiseröhre. Dieser Teil der Verdauung ist ungefähr 1,5m lang und das Futter sollte sich nicht länger als 10-15 Sekunden aufhalten. Zu hastiges Fressen, Zahnprobleme oder stark quellendes Futter können eine Schlundverstopfung verursachen. Wichtig: Bei einer Schlundverstopfung darf kein weiteres Futter oder Wasser angeboten werden. Sollte nach 15 Minuten keine Verbesserung ersichtlich sein, ist unbedingt der Tierarzt zu kontaktieren. 

Im Magen

Der Magen ist im Vergleich zur Größe des Pferdes relativ klein, er umfasst bei einem Großpferd nur 15-20 Liter und kann sich auch nicht wirklich dehnen. Dies liegt daran, dass das Pferd ein Fluchttier ist und mit vollem Magen schwerer flüchten könnte. Der Magen ist für die gleichmäßige Durchsaftung des Futterbreis zuständig. Durch einen starken Schließmuskel können Pferde außerdem nicht erbrechen. Das Futter bleibt ca. 1-5 Stunden im Magen. 

Dünndarm

Der Dünndarm wird in den Zwölffinger-, Leer- und Krummdarm unterteilt. Er ist ca. 27 Meter lang und umfasst ungefähr 65 Liter. Der Dünndarm ist für die enzymatische Verdauung von Zucker, Stärke, Eiweiß und Fett zuständig. Der Futterbrei benötigt 1,5-5 Stunden um ihn zu passieren. Rohfaserhaltiges Futter gelangt fast unverdaut in den Dickdarm, da der Dünndarm es nicht verdauen kann.

Zwölffingerdarm:

  • Mündung der Gallen- und Bauchspeicheldrüse
  • Sekrete neutralisieren das Darmmilieu 
  • Beginn der Nährstoffaufnahme über die Darmschleimhaut
  • Ca. 1 Meter lang

Leerdarm: 

  • Hauptaufnahme der Nährstoffe
  • Ca. 25 Meter lang
  • Nahrungsbestandteile können zu Amino- und Fettsäuren sowie Glukose umgewandelt werden

Krummdarm: 

  • Schleuse zum Dickdarm
  • Ca. 0,7m lang
  • Verhindert, dass Darminhalt oder Gase in den Dünndarm zurückrutschen können

Dickdarm

Der Dickdarm wird in Blind-, Grimm- und Mastdarm unterteilt, ist 6-9 Meter lang und umfasst 130 Liter. Das Futter bleibt bis zu 30 Stunden in diesem Teil des Verdauungstraktes. Im Dickdarm erfolgt die Fermentation der Nahrung, die Vitaminaufnahme, die Herstellung der Vitamine B+K sowie die Aufnahme von Aminosäuren und Fetten und die Verwertung von Stärke. Im Dickdarm befinden sich 10-Mal so viele Bakterien, wie das Pferd insgesamt an Körperzellen hat.

Blinddarm: 

  • „Gärkammer“
  • Abbau von Strukturkohlenhydraten 
  • Ca. 1 Meter lang, 30-40 Liter Volumen, 10-15 Stunden Dauer der Nahrungspassage

Grimmdarm: 

  • Verdauung von Mineralien, Spurenelementen, Vitaminen, Eiweißen, Aminosäuren, Zucker und Fettsäuren
  • Bestandteile gelangen in den Organismus oder werden für die Aufrechterhaltung der Darmflora genutzt
  • 4,5-7,5 Meter lang

Mastdarm: 

  • Wasser wird entzogen und typische Kotballen geformt
  • 20-30cm Lang, Dauer: 1-2 Stunden

Kolik und Schlundverstopfung – Symptome und Erste-Hilfe-Maßnahmen 

Hinweis: Bei Verdacht auf eine Krankheit ist unbedingt ein Tierarzt zu kontaktieren. Behandlung und Symptomatik können sich von Pferd zu Pferd unterscheiden. 

Kolik

Koliken gehören zu den Erkrankungen bei Pferden, die sehr oft vorkommen und welche eine schnelle Behandlung erfordern. Koliken gelten als häufigste Todesursachen bei Pferden.

Kolikarten und mögliche Ursachen: 

  • Verstopfung im Dünndarm: bedingt durch zu kurzes, rohfaserhaltiges Futter (Rasenabschnitte, kurzes Stroh/ Heu o.ä.) und Würmer
  • Verstopfung im Dünndarm: bedingt durch zu wenig Heu und Wasser
  • Krampfkolik: bedingt durch Stress, falsche Fütterung, Wurmbefall
  • Gaskolik: bedingt durch blähende Futtermittel
  • Sandkolik: Aufnahme von zu viel Sand, der sich im Dickdarm ansammelt
  • Magenüberladung: Aufnahme von stark quellendem Futter
  • Darmverschluss: falsche Fütterung, unzureichende Flüssigkeitsaufnahme
  • Darmverschlingung: Darm steigt nach oben auf Grund von Fehlgährungen und Aufgasungen

Symptome: 

  • Verweigerung der Nahrungsaufnahme, kein Absetzen von Kot
  • Wälzen, Unruhe, häufiges Hinlegen
  • Unter den Bauch treten, immer wieder zum Bauch schauen
  • Fieber, Apathie
  • Flehmen, Gähnen
  • Fehlende Darmgeräusche, harter Bauch

Erste-Hilfe-Maßnahmen: 

  • Vitalwerte überprüfen! Als normale Richtwerte gelten
    •  Atemzüge: 8-16 pro Minute
    • Puls: 28-40 Schläge pro Minute
    • Temperatur: 37,5-38,2° Celsius
  • Pferd führen
  • Wasser anbieten

Schlundverstopfung

Symptome: 

  • Würgen, Husten, Ausfluss aus der Nase, sichtbarer „Kloß“ im Hals, vermehrtes Speicheln
  • Gestreckte Haltung des Halses in Richtung Boden
  • Plötzlicher Stopp der Nahrungsaufnahme
  • Unruhe, häufiges Hinlegen, vermehrtes Schwitzen, Panik

Erste-Hilfe-Maßnahmen: 

  • Kein Futter oder Wasser anbieten
  • Ruhe bewahren, um das eventuell panische Pferd nicht zusätzlich zu verängstigen
  • Massieren des Halses, wenn der Pferdehalter erfahren ist und das Pferd es zulässt, sonst auf den Tierarzt warten

 

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